Inspiriert durch viele Bücher zum Thema Leiterschaft, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, will ich hier 40 Tage lang (aber wahrscheinlich nicht sequentiell jeden Tag) einige Gedanken und Anregungen weitergeben, die, ich hoffe, Dich inspirieren werden.
Tag 1: Das (deutsche) Dilemma mit dem Thema Leiterschaft
In einer seiner berühmten Fabeln erzählt uns Aesop die Geschichte von den Fröschen im Teich.
Unbedingt wollten die Frösche einen König haben. Ihr Anliegen brachten sie immer und immer wieder vor Jupiter, bis dieser ihnen schließlich einen ansehnlichen Balken in den Teich warf. Die Frösche waren zunächst begeistert von ihrem Anführer: majestätisch und ruhig schwamm er auf dem Teich umher. Aber nach einiger Zeit kamen ihnen doch bedenken. Was war das für ein Führer, auf dem man ohne Gegenwehr herum springen konnte, der sich immer nur an der Oberfläche treiben ließ und nichts von sich gab! So gingen sie wieder zu Jupiter: „Wir wollen einen starken Führer“ , sagten sie, „einen, der Macht ausübt und Initiative ergreift!“ „Gut“ , sagte Jupiter nach einigem Zögern, „ ihr sollt Euren starken Führer bekommen!“ Und so schickte er ihnen den Storch an den Teich. Wieder waren die Frösche begeistert. Ihr Storch war von imponierender Größe, und er stakte majestätisch im Teich herum. Er machte Lärm und viel Wind und zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Von ihm ging Initiative aus! Aber dann entdeckten sie zu ihrem entsetzen, dass dieser König eine sehr problematische Seite hatte: er begann seine Untertanen einen nach dem anderen aufzufressen…
Diese Fabel zeigt uns ein Dilemma, das wir Menschen immer wieder mit Macht und Führerschaft gehabt haben. Auf der einen Seite gehen Führung und Autorität weithin verloren – und dann fällt man in das andere Extrem und wählt die Tyrannei. Auch die christliche Gemeinde stand immer wieder in der Gefahr, sich dem jeweiligen Zeitgeist anzupassen und den Führungsstil der politischen Umwelt zu übernehmen. In den Zeiten absoluter Monarchie prunkte die Kirche mit fürstlichen Bischöfen. In den Jahren des „Dritten Reiches“ wollten manche Freikirchen das „Ein-Mann-Führerprinzip“ einführen. Und heute geben sich unsere Gemeinden gerne „demokratisch“ – ganz so, als ob das demokratische Prinzip von der Bibel für den Gemeindebau erfunden worden wäre. Und man weiß dann auch, Argumente für Gemeinde-Demokratie zu nennen: Nur wenn die ganze Gemeinde demokratisch über alle Fragen der Gemeindeführung entscheidet, so sagt man, wird das „Priestertum aller Gläubigen“ ernst genommen. Jedes Gemeindeglied habe schließlich den Heiligen Geist und müsse deshalb mitbestimmen. Und im übrigen: Je weniger Menschen an einem Entscheidungsprozeß beteiligt seien, desto geringer werde auch die Chance der Korrektur. Die Argumente können übrigens auch platter werden. Ich selber höre nicht selten: „Ich möchte in meiner Meinung ernst genommen werden, auch da, wo sie von der einiger leitender Geschwister abweicht.“ Es kann auch wesentlich militanter und gleichzeitig frömmer klingen: „Die da oben haben mir nichts zu sagen. Vor Gott sind wir alle gleich.“
Ich bin sehr viel und international zu Leiterschaftsseminaren und -kongressen unterwegs uns stelle eines fest: Wir deutsche, mit unserer nationalsozialistischen Vergangenheit, haben einen Art „Leiterschaftskomplex“. Nirgendwo sonst auf der Welt begegnet man Leitern (ob in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft oder Kirche) mit so viel Misstrauen, Diskreditierung und Respektlosigkeit wie in Deutschland. Mit dieser Mahnung des NT bezüglich Leiterschaft können wir heute kaum noch etwas anfangen (Hebr. 13,17):
Hört auf die Leiter eurer Gemeinden und folgt ihrem Rat. Sie müssen einmal Rechenschaft über euch ablegen, denn sie sind für euch verantwortlich. Macht ihnen das Leben nicht zu schwer; sie sollen doch ihre Aufgabe mit Freude tun und sie nicht als eine bedrückende Last empfinden. Dies würde euch nur selber schaden.