Inspiriert durch viele Bücher, Vorträge und Kongresse zum Thema Leiterschaft, die ich in den letzten Jahre gelesen, gehalten und besucht habe, will ich hier 40 Tage lang (aber wahrscheinlich nicht sequentiell jeden Tag) einige Gedanken und Anregungen weitergeben, die, ich hoffe, Dich inspirieren werden.
Tag 2: Wann Leiterschaft entscheidend wichtig wird
Chesley B. Sullenberger wird als Pilot für immer in die Geschichte eingehen. Nicht deswegen, weil er im Autopilot-Modus sehr gut fliegen kann. Chesley B. Sullenberger wird deswegen in die Geschichte eingehen, weil er am 15. Januar 2009 den US-Airways-Flug 1549 nach wenigen Minuten nach dem Start, aufgrund von Problemen mit den Triebwerken nach einem Vogelschlag, auf dem Hudson River notlanden musste. Alle 150 Passagiere und die fünf Besatzungsmitglieder überlebten das Unglück. Das, was der Kapitän des Airbus A 320 an diesem Tag innerhalb der wenigen Minuten an Krisenmanagement geleistet hatte, ist sagenhaft. Ein Bekannter von mir fliegt mit der Boeing 747 für KLM fast täglich die transatlantische Route. Auf meine Frage, ob es denn schwierig sei, einen so großen Vogel zu fliegen, sagte er mir: „Es ist viel schwieriger und gefährlicher, mit meinem Golf GTI durch Amsterdam zu fahren.“. Ich weiß nicht, ob das ein Scherz oder die Wirklichkeit ist, eines weiß ich allerdings: Einen guten Piloten erkennt man erst in einer Krisensituation, unter Stress und viel Druck.
Leiten kann jeder, wenn die Straßen erkundet, gelegt, geteert und bewährt sind. Aber dafür ist Leiterschaft nicht gedacht. Leiterschaft ist für die raue See, für den steilen Berg, für das unwegsame Gelände, für das unkartographierte Gebiet. Leiterschaft ist für Zeiten, wo Krisen bewältigt werden müssen, Entscheidungen getroffen, in die Zukunft gesehen, das trostlose Gemüt aufgerichtet, ein Kampf um Leben und Tod geführt werden muss… Dafür ist Leiterschaft da – und das können nur sehr wenige.
Eines der herausragenden Bilder für Leiterschaft in der Bibel ist das eines Hirten. Der Hirte im Nahen Osten hütet seine Schafe nicht auf „grünen Auen“, sondern in der lebensfeindlichen Würste. Das Auenland Neuseelands, der Schweiz oder Irlands ist das Paradies, das ein nahöstliches Schaf nie zu Gesicht bekommt. In der Wüste muss man einen „guten Hirten“, einen Leiter, haben, der einen sicher führt, versorgt und beschützt. Timothy S. Laniak schreibt in seinem hervorragenden Buch über Hirten-Leiterschaft:
Deserts bring people quickly to the end of their self-sufficiency and independence.
Hier braucht man Leiterschaft!